An der Loire spielt man Boule-de-fort

Es ist ein für Fremde seltsamer Sport, gespielt an der Loire: Boule-de-fort

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Sie spielen Boule-de-fort: Bedächtig, fast wie in Zeitlupe, werfen die Männer, die sich in einer kleinen Halle in einem der Loire Dörfer getroffen haben, nacheinander die asymmetrischen Kugeln, die eigentlich mehr einem Ei ähneln. Die Kugeln rollen langsam über eine Betonbahn. 20 Meter ist sie lang, sieben Meter breit und an den Seiten wie ein Schiffsrumpf nach oben gebogen.

Die Männer, die sich in einer Halle in einem Dorf an der Loire, zum Spiel getroffen haben, sind Franzosen. Unter ihnen ist Rainer Kalb (54). Der gebürtige Hückelhovener lebt seit 2003 in Frankreich. Das Spiel mit den Kugeln heißt „Boule de fort“ und wird nur im Raum Angers an der Loire gespielt. Rainer Kalb, von Beruf Journalist und Fachmann in Sachen Fußball, schwärmt von diesem Spiel „mit der Kugel“. Denn es ist im Laufe der Jahre zu seinem Hobby geworden.

Aufgewachsen ist Rainer Kalb in Hückelhoven-Doveren. Der renommierte Fußball-Journalist, der für den Sport-Informations-Dienst (SID), die französische Sportzeitung L`Equipe und andere bekannte Medien über Fußball-EM, -WM und die anderen Spiele der deutschen Nationalmannschaft berichtet, lebt seit 2003 mit Gattin Catherine im Ort St. Remy la Varenne nahe Angers.

Boule de fort: Die Entdeckung der Langsamkeit

„Boule de fort, das ist die Entdeckung der Langsamkeit“, sagt Rainer Kalb humorvoll über das Spiel. Und das sind nicht gerade wenige, mit denen er dieses Hobby im Anjou teilt. Über 371 Boule-de-fort-Vereine (Sociétès) gibt es in der Region. Rainer Kalb gehört der Société „Les Amis Réunis“ mit 110 Mitgliedern an. Einem von drei Vereinen in dem knapp 1000-Einwohner Ort. Früher gab es noch mehr Sociétés.

Die einen spielen aus Kostengründen im Freien, die anderen in extra für das Spiel gebauten Hallen. „Les Amis Réunis“ besitzen eine eigene Halle mit Betonbahn. Um die Bahn gibt es einen Umgang für Zuschauer, angeschlossen ist ein Gastraum mit Ausschank. Dort gibt es Wein. Denn der Rebensaft gehört dazu. Mit dem Verkauf (vor allem an die Spielverlierer) finanziert sich der Verein.

Von Seeleuten erfunden

Rainer Kalb spielt gemeinsam mit Lulu Gerault (59) in einer Mannschaft. Lulu erklärt: Erfunden haben das Spiel die Seeleute auf den Loireschiffen. Die nämlich mochten Boule auch an Bord nicht missen und spielten unter Deck im Schiffsrumpf. Daher ist die Boule-de-fort-Bahn an den Seiten leicht erhöht, ähnelt einem Schiffsrumpf.

Frauen waren bis vor einigen Jahren vom Spiel ausgeschlossen. Es war Männersache, die knapp 1,3 Kilo-Kugel ganz langsam und behutsam zu werfen, sie rechts und links leicht den Anstieg der leicht hochgebogenen Bahn hinauf und hinab rollen zu lassen, um dann, wenn die eigene Kugel ausgerollt ist, den Abstand zur Zielkugel zentimetergenau auszumessen. Ein Boule-de–fort-Spiel ist gesellig, muss doch nach dem Spiel der verlorene Wein getrunken werden.

Mit „Boule“ verbindet man das vorwiegend von älteren Franzosen auf Plätzen ausgetragene Freizeit-Kugel-Spiel. Der korrekte Name ist allerdings Pétanque. Die Franzosen benutzen Pétanque zur Abgrenzung zu anderen französischen Boule-Sportarten. Es gibt Variationen, bei denen „die Kugel“ im Stehen, Laufen, sogar auf einem Bein stehend geworfen wird. Ziel ist es immer, mit den eigenen Kugeln möglichst nah an eine Zielkugel zu gelangen.

Der Beitrag erschien erstmals 2009

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