Düsseldorf: Der Abend, an dem ich KEIN PARDON kannte

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Die Story verströmt Ruhrpott-Charakter, ist eine Liebeserklärung an die Menschen aus dem Pott. Und es ist eine satirische Abrechnung mit dem Fernsehbetrieb der 90er Jahre. „Kein Pardon“, das Musical, ist derzeit der Hit in Düsseldorf, heißt es. Um es vorweg zu nehmen: Ja, das Musical ist nicht schlecht. Ja, ich habe mich 3 Stunden lang amüsiert, war nicht gelangweilt. Ja, man sollte es sich im Capitol-Theater in Düsseldorf ansehen – solange es noch läuft.

Meine Erwartungshaltung an den Abend waren vorab nicht allzu hoch. Das Musical, nach dem Film „Kein Pardon“ von Hape Kerkeling (er spielte dort auch die Hauptrolle) und der Textvorlage von Thomas Herrmanns (Quatsch-Comedy-Club), läuft im Capitol-Theater seit November. Dennoch war der Saal – bei einer Vorstellung Anfang Februar – nur zu 2/3 gefüllt.

Peter Schlönzke aus Bottrop will zum Fernsehen

Die Story ist vom Film her bekannt: Peter Schlönzke aus Bottrop will zum Fernsehen. Er lebt bei seiner Mutter und den Großeltern, die einen Schnittchen-Service betreiben. Er selbst ist Schnittchenmacher und -auslieferer. Sein großes Fernseh-Idol ist Heinz Wäscher, seit 20 Jahren Moderator der Sendung „Witzigkeit kennt keine Grenzen“,

Peter hat die Sendung von Kindesbeinen an im TV gesehen – dann meldet ihn seine Mutter bei Wäscher zu einem Talentwettbewerb an. Zwar scheitert er, bekommt aber einen Job als Kabelträger, dann als „Glückshase“.

Witzigkeit kennt keine Grenze

Schlönzke erkennt rasch, dass TV-Star Heinz Wäscher (im Film von Heinz Scheck gespielt) eigentlich unfähig ist, seine Crew tyrannisiert und sich vom Regisseur viel Honig ums Maul schmieren lässt. Schlönzke stellt Wäscher in einer Livesendung an den Pranger. Das gefällt den Fernsehverantwortlichen so, dass sie Wäscher rauswerfen und Schlönzke zum neuen Fernsehstar ausrufen. Er wird nun Moderator von „Witzigkeit kennt keine Grenzen“.

Doch Peter Schlözke, nun selbst Fernsehstar, übernimmt die Allüren seines Vorgängers und lässt seine Familie auch öffentlich im Fernsehen bei einer Talkshow bald im Stich. Dann wird er vom Fernsehen wegen sinkender Quoten gefeuert und kehrt heim in den Pott.

Soweit die Filmstory, die auch die Handlung des Musicals ist.

Auf ihren Geschmack kommen durchaus Nostalgiker und wer die 70er, 80er und 90er Jahre bewusst erlebt hat. Schön, wenn man die mit Spitzengardinen geschmückte 60er-Jahre-Fassade eines Bottroper Mietshauses als überdimensional große Kulisse sieht, die Wohnzimmereinrichtung mit dem Schick der 80er, den Laden der „Schnittchen-Verkäufer“, die Fernsehstudios im Stil der 90er – inklusive der Showtreppe fürs TV-Show-Opening.

Musicalsongs, Rock- und Popsong

Die Musik schrieb Achim Hagemann (man kennt ihn von Hape Kerkelings Sketch „Hurz“ und als Erfinder der „Der Popolski Show“). Doch wer musikalische Innovationen ähnlicher Art erwartet, sieht sich enttäuscht. Die Musik ist ein Mix aus Musicalsongs, Rock- und Popsongs. Einzig herausragen tun zwei Stücke: „Witzigkeit kennt keine Grenzen“ und „Das ganze Leben ist ein Quiz“. Das aber sind Stücke, die nicht fürs Musical, sondern für Kerkelings 90er Jahre-Show geschrieben wurden.

Vor allem fehlt mir (außer den oben genannten bekannten Stücken) eine eingängige Musicalmelodie – ebenso ein markantes Duett.

Schön sind die Running-Gags: Wiederkehrende Elemente sind die „Batzen“-Hundefutterwerbung („Dann geben Sie Ihrem Hund Batzen – aber nur den ganzen Batzen“), Sekretärin Karin, die allen ein „Käffchen“ andrehen will, die jammernde Oma, von der man erzählt, wie sie „damals nachts alleine mit einem Bollerwagen durch die Straßen“ zog und ein gewisser „Henne“, von dem dauernd geredet wird, der aber nie auftaucht..

Feuerwerk der Gags und  Witze

Letztendlich ist das Musical wie der Film. Es ist die satirische (allerdings oberflächliche) Beschreibung des Betriebs hinter den Kulissen des Fernsehens – allerdings auf dem Stand von 1993.

Wer tiefschürfendes zum Thema „menschenverachtender und erbarmungsloser Medienzirkus Fernsehen“ erwartet, wird enttäuscht. Tiefschürfendes aber wollte Kerkeling nicht beim Film und kann/soll ein Musical auch nicht. So bleibt es bei „Kein Pardon“ beim Feuerwerk der Gags und (oft faden) Witze. Die Typen sind wie im Film: platt. Dennoch hat „Kein Pardon“ Witz. Oder um es mit Kerkeling zu sagen: Es hat Witzigkeit…

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