48 Stunden am Nürburgring 2011

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Über 48 Stunden Nürburgring. Freitag morgen bis Sonntag. Nur wenige Minuten Schlaf. Regen, Sonne. Kalt am Tag – warm in der Nacht. Kräftiger Regen am Freitag, Sonne am Ende. Motorsport, Fans, Piloten, Boxenmannschaften, Teams, Promis – das Herz rast im Tempo der schöner Autos dahin.

Das 24-Stunden –Rennen auf dem Nürburgring. Eine Kultveranstaltung. Party (fast) ohne Ende für die einen – Motorsport mit allem drum und dran für die anderen. Mittendrin sein. Sich als Fan und Reporter fühlen können. Eindrücke von über zwei Tagen, die verarbeitet werden müssen. Doch wie? Der Notizblock ist voll, die Speicherkarte der Kamera ebenso.

Stellt sich die Frage: Was bleibt in Erinnerung vom Riesenevent? Was werde ich noch später gern erzählen?

Bilder, Eindrücke, Geräusche

Die Erinnerungen aus mehreren Tagen rasen vorbei. Bilder, Eindrücke, Geräusche, Worte und Sätze.

Am Zaun neben der Rennstrecke an der Nordschleife. Hier schießen die Autos um eine Kurve, schalten, bergab geht die rasende Fahrt. Hunderte Zuschauer stehen hier am Zaun. Auch nachts um eins. Viele haben Kameras in der Hand. Nachtfotos von Tourenwagen sind gefragt bei den Fans.

Rennfahrerlegende Klaus Ludwig, der fast fassungslos am Eingang zum VIP-Bereich über den Boxen stand, weil auch der Ringprofi diesmal ein „extra Bändchen“ braucht, um an den neuen Zugangsschranken des VIP-Bereichs durch zu kommen. Rallyeweltmeister Carlos Sainz morgens um 5 Uhr im Fahrerlager auf der Suche nach einem Frühstück. Er sah glücklich aus, als er im VW-Zelt ein Stück Schokolade von der Rezeption nehmen konnte.

Rocklegende Udo Lindenberg in der Porschelounge, trank Cola und Rotwein. Seine Aussprache ist noch immer unverwechselbar, klingt nach Hamburg. Nur optisch hat er sich verändert. Er ist stark gealtert in den letzten Jahren, trug nun braune Kappe statt schwarzen Hut.

Am Hatzenbach

Bei den Fans im Hatzenbach. Der matschige Weg zwischen Zelten, Wohnwagen und selbstgebauten Bretterbuden führt neben der Rennstrecke bergab. Jemand hat einen Gummipenis am Wegesrand hingestellt. „Hier lutschen“ steht auf dem Schild daneben. Sie haben einen kräftigen Männerhumor, die Fans an der Nordschleife. Schätze, dass der Frauenanteil hier unter zehn Prozent liegt.

Legendär ist die Startaufstellung zum Rennen. Über 200 Autos. Teams, Piloten, Fans. Dazwischen Gridgirls und die Mädchen, die Teams engagiert haben. Sie setzen die Autos erst recht in Szene, sind der eigentliche Grund für viele Fanfotos. Sie stehen vor und neben den Wagen, einige räkeln sich auf Motorhauben. Das Salz in der Suppe – in der Männerwelt der 24h.
Selbstgebaute Bretterbuden, davor eine hölzerne Terrasse mit Aussicht auf die Strecke.

Am Zaun stecken leere Bierflaschen. Ein selbst gemaltes Schild „Frauen zum Mitreisen gesucht“ an einem Zelt. Musik schallt aus Lautsprechern. Disco und Techno sind in der Mehrzahl zu hören. Viele hier geparkte Autos haben DN-Kennzeichen. Aus dem BMW-Zelt auf dem Hügel dröhnt AC/DC.

Morgens zwischen 3 und 5 Uhr.

Die Tribüne T3 morgens zwischen 3 und 5 Uhr. Die hier die Nacht durchwachen, jedes vorbeirasende Auto mit den müden Augen verfolgen, sind echte Motorsportfans. Es sind Hunderte, mitten in der Nacht. Die Nummern der Autos reflektieren. Etliche der Wagen erkennen Fans am Motorengeräusch. Dann recken sich die Hälse. Stumm schauen sie den Wagen nach. Black Falcon-Rennfahrer Kenneth Heyer aus Wegberg nach Mitternacht. Seit Nachmittags um 4 läuft das Rennen. Lange hatte der Mercedes in der Spitzengruppe gelegen, war sogar mal 2. Dann stand er 18 Minuten in der Box. Ein Defekt. „Die Servo“, sagt Heyer. „Mist, wir hätten gewinnen können“. Dann entschuldigt er sich dafür. „Tut mit leid“. Am Ende wird Heyers Mercedes SLS sogar noch 6. Eine irre Aufholjagd von Platz 19 aus. Die traurige Wirklichkeit: Am 380 00 Euro teuren SLS war ein wenige Cent teures Teilchen kaputt gegangen…

Der ehemalige BMW-Motorsportchef Mario Theissen ist viel unterwegs im Fahrerlager. Es ist seine „Abschiedstournee“ vor dem Ruhestand. Theissen wirkt unnahbar wie zu Formel1-Zeiten. Meist sieht er nachdenklich aus.

Mark Blundell, ein ehemaliger Formel1-Fahrer, wird den Golf GT24 fahren. Die Nordschleife sei er vorher nur auf der Playstation gefahren, sagt er grinsend. „Wenn Volkswagen mich noch mal fragt, ob ich hier fahre, werde ich NEIN sagen.“ Sagt er und lacht. Alle wissen, dass das ein Scherz war.

Geschichten vom Ring

In einem Teamwagen treffe ich Uwe Reich. Er ist 70 Jahre alt. Der dienstälteste Pilot beim 24h-Rennen. Schon bei der Erstauflage 1970 war er dabei. Alle Rennen hat Reich bisher mitgemacht. Jetzt fährt er in einem Team mit seinem Sohn Marc-Uwe.

Reich erzählt Geschichten vom Rennsport. Beim Kaffee sitze ich dabei und darf zuhören. Geschichten von Nordschleifenrunden mit defekter Kupplung, das Weiterschieben von Konkurrenten über die Ziellinie, als wenige Meter davor das Benzin ausging, von geschroteten Motoren und schönen Momenten. Gewinnen wird Reich nicht. Das weiß er. Aber nur um zu gewinnen fährt der ehemalige Steuerberater auch nicht. „Ich brauche das – als Ausgleich“, sagt er.

Ex-Formel1- Fahrer Jonny Herbert, der zusammen mit Blundell den Golf fährt, steht im beige Overall in der Volkswagen-Hospitality. Er schüttelt sein blondes Haar, lacht viel. 1999 hat er den Grand Prix auf der GP-Strecke gewonnen. Für die Nordschleife musste er eine Extra-Lizenz machen.

Und da war DTM-Pilot Peter Terting, der immer wieder gerne vom Youtube-Video erzählt, das zeigt, wie er im Golf 24 im Karussell einen Porsche überholt.

Dabei sein ist alles

Und da war das Team Förster. 25 Mann auch aus den Kreisen Heinsberg und Düren, die Motorsport lieben und mit einem Ford Focus ST angreifen wollten. Für sie zählt der olympische Gedanke. Dabei sein ist alles. Für jede Runde die auf der Nordschleife gefahren hat, spendet der Fahrer 5 Euro für die „Aktion Mensch“. Seit vielen Jahren schon. Alle im Team arbeiten ehrenamtlich. Auch toll!

In der Box treffe ich Rene Schlegel. Er hat in Düren eine Fahrschule. Zu seinen Fahrschulterminen mit seinen Schülern gehört auch eine Fahrt zum Nürburgring. „Damit die mal Motorsportluft schnuppern. Das gehört dazu.“ Sagt er.

Die 48 Stunden des 24-Stunden-Rennens gingen zu schnell vorbei. Zu viel erlebt, zu wenig behalten. Aber dennoch einiges, dass sich fest in die Erinnerung eingebrannt hat. Das ist der Grundstock für die Vorfreude aufs nächste Jahr. Das 40. ADAC 24-Stundenrennen.

 
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